Autorenlesung - Theaterspiel - Autorenspiel - Theater und Lesung

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Bei der Arbeit an einem Konzert habe ich Theater- und Opernregisseurin Nicola Glück kennengelernt. Ihre Arbeitsweise hat mich begeistert und daher habe ich sie gefragt, ob Sie bereit wäre mit mir an meinen Lesungen zu arbeiten. Sie hat zugesagt und netterweise in diesem Gastartikel die Herausforderung und die Herangehensweise beschrieben.

Von Hause aus Opern- und Theaterregisseurin wandle ich immer wieder gerne auf neuen und unbekannten Pfaden. Neue Themen oder Umgebungen machen mich neugierig und es macht mir Spaß, mich auf neue Menschen und Zuschauerkreise einzulassen.
Nicola Glück

Autorenlesung - eine neue Herausforderung

Ich bin eine Malerin und mein Pinsel sind die Darsteller. Ich bin eine Geschichtenerzählerin und überlege mir gut, für wen ich welche Geschichte mit welchen Bildern erzählen will und mit welchem Setting ich mein Publikum über die reine Musik oder den Text hinaus fesseln und begeistern kann. In der Regel sind die Werke, die ich auf die Bühne bringe für die Bühne geschrieben und verlangen nach einer szenischen Umsetzung. Normalerweise handelt es sich auch um abgeschlossene Geschichten mit Anfang und klar definiertem Ende (auch wenn es ein offenes Ende ist).

Das ist bei einer Autorenlesung ganz anders.

Erstens ist die Geschichte zum Lesen oder Schmökern im eigenen Tempo gedacht.

Zweitens wird die Geschichte in der Autorenlesung nicht bis zum Ende erzählt, denn dann braucht ja niemand mehr das Buch kaufen, um das es eigentlich geht. Ich muss also eine Art Trailer inszenieren mit der Person, die die Geschichte am besten kennt und die auch alle Nebengeschichten zur Entstehungsgeschichte des Buches selbst liefert.

Es gibt keine feste Bühne

Die Bühne ist bei jeder Lesung anders, mal gibt es Handmikrofone, mal gar keine Verstärkung, mal Headsets. Mal gibt es einen Stehtisch, mal einen normalen Tisch, mal ist das Publikum frontal und weit weg und mal sitzt es eher nahe und im Kreis um die Autorin oder den Autoren herum. Mal gibt es Theaterbeleuchtung - mal nicht. Mal hat der Raum eine gute Akustik und die Bühne ist groß und mal ist die Akustik schlecht und die Bühne klein oder es gibt gar keine Bühne ... und jegliche Form von Mischformen aus den beschriebenen Komponenten.

Requisiten oder Kostüme sind kaum nutzbar, denn das ganze ist eine Lesung, das heißt, die Hände des/der Vortragenden sind auch noch an ein Buch gebunden und manchmal auch an ein Handmikro, aber das hatte ich ja schon oben angesprochen.

Es gibt also keine festen Größen… außer der/des Vortragenden und des Buchtextes.

Auf die Nuancen kommt es an

Genauso hat meine Arbeit mit Vera Nentwich angefangen. Ich habe mir eine ihrer Lesungen angesehen, um sie als Person und ihre Herangehensweise kennen zu lernen.

Mein Eindruck war rundherum positiv, vor allen Dingen in den frei vorgetragenen Moderationspassagen. Vera Nentwich war spontan, nahe an ihrem Publikum und sehr authentisch. Auch die Auswahl der vorgetragenen Passagen aus ihrem Buch fand ich treffend und gut.

Hier zeigte sich aber auch der Handlungsbedarf, denn in den vorgelesenen Teilen kamen zuweilen der wunderbar geschriebene Witz und die sprachlich zum Lesen formulierten Texte ein wenig zu gleichförmig und auch nicht so pointiert , wie möglich heraus.  

Wir arbeiten also daran, die verschiedenen Rollen und Passagen des Textes erkennbar und hörbar zu machen. Jede Person bekommt eine eigene Stimme, ihren eigenen Rhythmus und auch ihre eigene Körperlichkeit und Position. Mit Vera zusammen entwickle ich den Raum und ein imaginäres Setting aufgrund der Situationen, die sie im Buch erdacht hat. Für die Prosatexte finden wir eine neutrale, dem Publikum zugewandte Position und eine eher sachliche Stimmlage.
Je nach Situation gilt es das richtige Erzähltempo zu finden. Hierbei ist das Sprechtempo unter Umständen ganz anders als das Lesetempo. Mit Tempowechseln und präzise gesetzten Pausen und auch Atmern bauen wir die Spannungsbögen hörbar auf.  

Als nächsten Schritt lasse ich Vera die Dialoge mit den verschiedenen Stimmen und Positionen mit sich selber spielen. Wichtig ist mir dabei immer Veras ersten Versuch genau zu beobachten. Da geht nicht alles gleich gut, aber mancher spontane Impuls ist sehr authentisch und kommt nach der Reflexion über die Passage nicht mehr so leicht heraus. Jetzt gilt es die Abläufe und Farben zu entwickeln und auch manchmal sehr kleine Details festzulegen und zu üben. In dieser Phase gebe ich Vera das schauspielerische Handwerkszeug an die Hand die Authentizität vom Anfang herzustellen und wieder abrufbar zu machen. Stück für Stück gehen wir so durch den Vortrag und arbeiten an vielen kleinen Details, die sich dann zu einem großen Bogen zusammenfügen.

Ein szenisches Raster für die komödiantische Lesung

Ich habe also für diese Arbeit keinen dicken Pinsel, sondern einen feinen Bleistift, mit dem ich die Nuancen aus dem Buch für die Zuhörer fein nachzeichne und je nach Bedarf hervorhebe. Ich gebe Vera ein szenisches Raster, dass sie in unterschiedlichen Räumen vor immer neuem und anderem Publikum nutzen kann, aus dem sie sich, wenn es ihr angemessen erscheint, aber auch lösen kann, um frei vorzutragen.

Sie setzt schnell um und ich hoffe, ihr Publikum hat ebenso viel Spaß an ihren komödiantischen Lesungen, wie ich an der Arbeit mit ihr.

Möchtest du das Ergebnis live erleben? Hier gibt es die nächsten Termine.


 

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