Warum Self-Publishing und nicht Verlag

Warum Self-Publishing und nicht Verlag
Self-Publishing Entscheidungen 12 Kommentare

Hin und wieder fragen mich Leser, warum ich meine Bücher im Self-Publishing herausbringe und nicht über einen Verlag. Bei dieser Frage muss ich schmunzeln, weil anscheinend die Meinung vorherrscht, es sei eine einfache Entscheidung der Autorin und mehr nicht. Es ist aber weitaus komplexer und daher stelle ich hier einmal dar, was Grundlage meiner aktuellen Vorgehensweise ist.


Individuelle Ausgangssituation ist wichtig


Eine Freundin von mir ist eine erfolgreiche Autorin. Sie hat bereits mehrere Bücher in den Bestsellerlisten gehabt. Wenn sie einen Verlag anruft, lädt der sie gleich zum Gespräch ein. Bei mir sieht das völlig anders aus. Ich bin in der Verlags- und Buchszene ein Niemand. Ein klitzekleines Lichtchen, das im Meer der abertausenden Schreiberlinge herumschwimmt. Bisher habe ich keinerlei Verlagsveröffentlichung in meiner Vita. Ich bin 55 Jahre und deshalb außerhalb sämtlicher trendiger Zielgruppen. Auch bin ich bisher durch keinerlei Skandale aufgefallen oder sonst wie in die Medien gelangt. Das Einzige, das ich vorzuweisen habe, bin ich und meine Fähigkeit, Geschichten zu erzählen. Für einen Verlag, der immer die Erfolgsaussichten seiner Projekte bewerten muss, bringe ich daher nicht viel mit, was diese Bewertung für mich von denen der anderen abheben könnte.

Verlage denken wirtschaftlich und das ist in Ordnung


Verlage müssen auch wirtschaftlich denken, denn schließlich wollen sie ja länger existieren und Geld verdienen. Ich finde das völlig in Ordnung. Aber dieses Denken muss auch in meine Abwägungen einfließen, wie ich vorgehen möchte. Als Ergebnis muss ich sachlich feststellen, dass meine Chancen, einen Verlag für mich und mein Werk zu begeistern, nicht sehr groß einzuschätzen sind. Man kann natürlich nach dem Zitat vorgehen »Du hast keine Chance. Nutze sie!«. Doch ist das sinnvoll?

Lotto spielen, statt auf das Ziel zuarbeiten?


Mein Ziel ist es, Leser von meinen Büchern zu begeistern. Ja, ich gebe zu, dass ich natürlich auch Geld damit verdienen will und muss. Schließlich kosten mich die Aktivitäten auch Zeit und Geld. Dennoch ist der finanzielle Aspekt nur zweitrangig. Doch nähme ich den finanziellen Aspekt als den wesentlichen, könnte ich durchaus in Erwägung ziehen, von nun an jede Woche einen Lottoschein auszufüllen und darauf zu hoffen, irgendwann den Millionengewinn abzukassieren. Die Chancen sind nicht viel geringer, als einen Verlag zu finden. Wahrscheinlich würden dann einige von euch in Unverständnis den Kopf schütteln. Sich rein auf das Glück verlassen? Klingt ziemlich unsinnig. Doch wenn ich das Ziel habe, Leser für meine Bücher zu erreichen, wäre dann die Verlagssuche wirklich eine bessere Entscheidung?

Verlagssuche ist wie Lotto spielen - mit mehr Frust


Vor gut drei Jahren hatte ich es endlich geschafft. Dass lange Jahre in mir brodelnde Buch war endlich geschrieben. Natürlich war ich mir sicher, die Welt warte nur darauf, es zu lesen. Aber ich war vorgewarnt. Ich hatte gelesen, dass selbst weltberühmte Schriftsteller einige Verlagsabsagen bekommen hatten, bevor sie erhört wurden. Also recherchierte ich genau, wie ich vorzugehen hatte. Ich sichtete unzählige Verlagswebseiten. Notierte genau, ob mein Buch in ihr Programm passen könnte und welche Anforderungen sie an Manuskripteinsendungen stellten. Dann formulierte ich ein gutes Anschreiben, packte die Unterlagen für jeden Verlag säuberlich abgestimmt in Umschläge und sendete sie hinaus in die Welt. Dies ist nun über drei Jahre her und bis heute habe ich gerade mal von 20% der Verlage überhaupt eine Reaktion erhalten. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass dies ausnahmslos Standardabsagen waren. Halt, von einem Verlag erhielt ich eine Eingangsbestätigung, was mich damals zu wahren Freudensprüngen animierte. Eine Absage habe ich auch von diesem Verlag bis heute nicht erhalten. Natürlich weiß ich mit der Distanz der Jahre, dass mein damaliges Manuskript nicht optimal war. Ich weiß heute auch, dass es besser gewesen wäre, mich um einen Literaturagenten zu bemühen. Aber auch dort sind die Chancen nicht besser. Lediglich die Wartezeit ist etwas geringer, weil diese zumeist zusagen, sich im positiven Fall binnen 30 Tagen zu melden. Das Ergebnis meiner Bemühungen bleibt dennoch nicht nur unbefriedigend, sondern auch hochgradig frustrierend. Das Gute war aber, dass ich währenddessen neue Bücher geschrieben habe, die besser sind. Und ich habe mich ins Self-Publishing gestürzt.

Self-Publishing erlaubt mir, das Autorinnendasein zu spüren.


Natürlich gibt es Menschen, die ausschließlich im stillen Kämmerlein Geschichten schreiben und nie daran denken, diese irgendwen lesen zu lassen. Ich gehöre nicht zu diesem Kreis. Ich brenne darauf, dass meine Geschichten gelesen werden und ich erfahre, wie sie den Lesern gefallen haben. Der Gedanke, jahrelang zu Hause zu sitzen und nur zu hoffen, irgendwann von einem Verlag erhört zu werden, ist für mich entsetzlich. Self-Publishing ist da eine regelrechte Befreiung. Ich bin heute froh, dass mich die mangelnde Resonanz auf meine erste Verlagssuche dahin gebracht hat. Was wäre mir sonst alles entgangen? Ich hätte nie erfahren, wie es ist, wenn einem Leser begeistert erzählen, wie ihnen mein Buch gefallen hat. Ich hätte nie Lesungen gestalten und den Applaus spüren dürfen. Ich würde wahrscheinlich auch nicht bloggen und unzählige inspirierende Kontakte wären an mir vorbei gegangen.
Self-Publishing lässt dich Autorsein spüren.

Ich habe nichts gegen Verlage.


Damit hier keine Missverständnisse aufkommen. Ich habe absolut nichts gegen eine Verlagsöffentlichung. Nicht alles alleine machen zu müssen und jemand zu haben, der mit mir hinter meinem Projekt steht, hat ganz sicher seine Vorteile. Auch haben Verlagsveröffentlichungen hierzulande noch immer eine bessere Reputation, die einem Türen öffnen können, die Self-Publishern verschlossen bleiben. Doch dies funktioniert nur, wenn alles passt. Und Verlag ist noch lange nicht gleich Verlag. Self-Publishing hat mich selbstsicherer gemacht. Ich weiß heute, dass ich nicht auf Teufel komm raus einen Verlag finden muss. Im Gegenteil, ich bin da mittlerweile sogar ziemlich zögerlich. Nicht, dass ich etwas gegen ein gutes Angebot hätte. Aber es muss eben genau dieses gute Angebot sein. Denn ich habe durch das Self-Publishing und die vielen tollen Erfahrungen, die ich dadurch machen durfte, etwas gelernt. Ich bringe etwas mit, nachdem sich jeder Verlag die Finger lecken sollte: mich. Und Self-Publishing gibt mir die Möglichkeit, dies allen zu zeigen.

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12 Kommentare Warum Self-Publishing und nicht Verlag
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  • Inspirierende Worte

    Ein netter Blogeintrag, der Mut dazu macht, den Weg weiter zu gehen, den man eingeschlagen hat :-)

  • Warum Self-Publishing und nicht Verlag

    Hallo Vera,

    ich musste beim Lesen auch schmunzeln. Mir wäre ein "richtiger" Verlag auch lieber gewesen, aber da erhielt ich nur Absagen. Wenn man nicht berühmt ist oder bereits erfolgreich ein Buch veröffentlicht hat, sind die Chancen sehr gering, bei einem richtigen Verlag aufgenommen zu werden. Wie Du schreibst, zählen da wirtschaftliche Faktoren. Die wollen kein Risiko eingehen.

    Viele Grüße

    Claudia

    • Warum Self-Publishing und nicht Verlag

      Hallo Claudia,

      gerade gestern habe ich einen Fragebogen beantwortet, in dem ich gefragt wurde, warum ich schreibe. Ein Grund ist: Weil ich Menschen gerne zum Lachen bringe. Da ist es doch schön, dass ich Dich mit meinem Artikel schon mal zum Schmunzeln bringen konnte.

      Herzlichen Gruß,

      Vera

    • Warum Self-Publishing und nicht Verlag

      Viele kleine Verlage haben gar nicht die Chance, alle Bücher herauszubringen, die sie gerne bringen würden. Du sagst etwas sehr Wichtiges: Verlage müssen wirtschaftlich denken! Dass ich zwei Jahre lang meinem Herzen folgte und in dieser Zeit eine Menge Geld verbrannt habe, zwingt auch mich inzwischen dazu, genau hinzuschauen, welches Buch ich WANN bringen KANN ... nicht mehr, welches ich gerne bringen möchte, weil schon vor dem Druck gewisse Parameter sicher sein müssen! Würde die Buchwelt mit besseren Verkaufszahlen aufwarten, könnten viele kleine Verlage auch vielen jungen Autoren (jung im Sinne von unbekannt) viel besser helfen!

      Du machst das schon richtig!

      Pass auf Dich auf!

      Britta Wisniewski

      Traumstunden Verlag Essen

      • Warum Self-Publishing und nicht Verlag

        Hallo Britta,

        schön, dass Du mal auf meinem Blog vorbeischaust. Ich denke, dass die Situation für kleine Verlage sehr schwer ist. In vielerlei Belangen geht es auch ja nicht anders als mir als Self-Publisherin. Man muss eben sehen, dass man irgendwie aus der Masse heraussticht. Insofern ist es sicher hilfreich, dass man nun mittels Self-Publishing direkte Erfahrungen sammeln kann. Hilft vielleicht auch den kleinen Verlagen, weil sie nun erfahrenere (Jung-)Autoren finden können.

        Herzlichen Gruß,

        Vera

      • Leserreaktionen / Lesungen

        Hallo Vera!

        Danke für die erfrischend offenen und realistischen Ein- und Ansichten!

        Was du schreibst kann ich gut nachvollziehen, aber ich frage mich, warum du denkst, dass dir bei einer potentiellen Verlagsveröffentlichung begeisterte Rückmeldungen der Leser und Lesungen entgangen wären.

        • Leserreaktionen / Lesungen

          Hallo Stefan,

          da hast du mich missverstanden. Ich meinte, die Leserrückmeldungen hätte ich nicht bekommen, wenn ich mich nur auf die Verlagssuche beschränkt hätte. Dann hätte ich wahrscheinlich jetzt noch keine Leser und wir würden uns hier nicht so nett austauschen.

          Herzlichen Gruß,

          Vera

        • Self-Publishing lässt dich Autorsein spüren

          Das Kuriose in der Welt des Schreibens ist, dass dem Newcomer selten eine Chance eingeräumt wird. Will man freier Mitarbeiter einer Zeitung werden, fragt der zuständige Redakteur: »Für wen haben Sie denn bisher gearbeitet«? – Bietet man Artikel oder Reportagen an, lautet die Frage, wo denn bislang eigene Arbeiten erschienen seien. – Will man ein Buch veröffentlichen, wiederholt sich das Frageschema: »Wo sind denn Ihre bisherigen Werke erschienen?« – Läuft man mit einem bereits abgeschlossenen Manuskript herum und offeriert es wie saures Bier, glaubt jeder Verlagslektor, es handele sich um wertloses Material: »Warum um alles in der Welt ist es denn noch nicht veröffentlicht?«

          • Self-Publishing lässt dich Autorsein spüren

            So ist es, Ruprecht. Mittlerweile sehen sich die Verlage ja auch mehr und mehr im Self-Publishing um und schauen, wer sich dort bewährt, um sich dann die Rosinen herauszupicken. Die klassische Verlagssuche wird wahrscheinlich immer uninteressanter.

            Herzlichen Gruß,

            Vera

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