Will ich vom Schreiben leben?

Will ich vom Schreiben leben?
Leben Schreiben 2 Kommentare

Die Zeit um den Jahreswechsel ist für mich auch immer der Moment, an dem ich über das nachdenke, was ich erreichen möchte. Ich bin zwar keine Freundin von Vorsätzen, aber so ganz ohne Orientierung geht es auch bei mir nicht. Aber es ist gar nicht so einfach, mir darüber klar zu werden, was ich wirklich erreichen möchte.


So manches Ziel hält dem Realitätscheck nicht stand.


Irgendein ein schlauer Mensch hat mal gesagt: „Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünscht. Es könnte wahr werden.“ Es besteht durchaus die Gefahr, dass man von der Realität hinter dem Ziel enttäuscht wird. Wenn man, wie ich, begonnen hat zu schreiben und erste Leserinnen und Leser zu erreichen, ist es beispielsweise natürlich, darüber nachzudenken, ob daraus nicht mehr werden könnte. Das Gleiche gilt für meine Bühnenambitionen. Selbstverständlich könnte ich mir vorstellen, öfter aufzutreten und mein Kabarettprogramm darzubieten. Aber sind dies wirklich sinnvolle Ziele?

Ist vom Schreiben leben zu wollen ein gutes Ziel?


Thema im Podcast

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Dieses Thema wird auch in der ersten Folge des Podcasts "Die Zwei von der Talkstelle" behandelt. Höre mal rein!

Ein Buch zu schreiben und damit so viel zu verdienen, dass man eine Zeit davon leben kann. Das klingt super. Gerne wird in diesem Zusammenhang J. K. Rowling erwähnt. Doch die Wahrscheinlichkeit, den neuen Harry Potter zu schreiben, ist eher gering. Wahrscheinlicher ist es, dass aus Schreiben wollen ein Schreiben müssen wird. Will man als Selfpublisherin ausreichende Einnahmen generieren, muss man in relativ kurzen Abständen neue Bücher liefern. Als Verlagsautorin unterliegt man den Forderungen des Verlags, die nicht immer einhergehen mit dem, was man selbst gerne machen würde. Zudem schrumpfen die Einnahmen für die schreibende Zunft in allen Bereichen. Es will also gut überlegt sein, sich dieses Ziel zu setzen.

Sollte ich mir wünschen, als Kabarettistin durchzustarten?


Gelegentlich erzählen erfolgreiche Comedians oder Kabarettisten, wie so ihr Berufsalltag aussieht. Von 200 Tagen im Jahr, an denen sie unterwegs sind, ist da die Rede. Von schäbigen Hotels in irgendwelchen Kleinstädten oder von Sälen mit nur einer Hand voll Zuschauer. Dies gehört zum Alltag von Künstlern und selbst ich als kleine Autorin und Kabarettistin habe dies schon erlebt. Es sind nicht nur die großen Momente, die dieses Leben ausmachen. Sie sind sogar eher die Ausnahme. Die Regel ist harte Arbeit.

Arbeit ist nicht gleich Arbeit.


Nicht dass ich mich vor harter Arbeit scheue. Kein Ziel gibt es geschenkt. Alles, was ich bisher erreicht habe, habe ich nicht in die Wiege gelegt bekommen. Nein, es war Arbeit, die Dinge real werden zu lassen. Allerdings hat es sich für mich größtenteils nicht wie Arbeit angefühlt. Wenn ich etwas tue, wie ich es selbst gerne möchte, weil es mir exakt so Spaß macht, dann ist es keine Arbeit. Dann ist es Vergnügen. Doch wenn ich etwas tue, weil ich es muss, obwohl ich selbst gerne etwas anderes tun würde, dann ist es Arbeit und fühlt sich auch so an. Die Grenzen sind oft fließend. Ich merke dies beispielsweise bei Schreibprojekten. Habe ich mir selbst ein Zeitfenster gesetzt, in dem mein Projekt fertig sein soll und nähert sich dessen Ende, dann fühlt sich das Schreiben plötzlich nicht mehr so schön an. Dann wird etwas, das ich aus Spaß begonnen habe, plötzlich zur Arbeit. Sollte diese Tätigkeit dann auch noch dazu herhalten müssen, meine Existenz zu sichern, stiege der Druck, und die Chancen für den Spaß würden eher geringer.

Die Ausgangssituation ist entscheidend.


Seit fast dreißig Jahren bin ich selbstständig. Ich erinnere mich noch gut an den Moment, an dem ich beschlossen hatte, selbstständig zu sein. Es war bei mir keine geplante Aktion, mehr eine spontane Entscheidung. (WARNUNG: Liebe Kinder, bitte macht das nicht nach.) Die Entscheidung habe ich aufgrund des Spaßes getroffen, die mir die Arbeit gemacht hat. Ich liebe es, Probleme von Firmen mit meinen Anwendungen zu lösen und tief in die Welten dieser Firmen einzutauchen. Das macht mir bis heute großen Spaß und ich glaube, ich kann das auch recht gut. Ein Jahr nach dieser Entscheidung wusste ich manchmal nicht, wie ich mir in der nächsten Woche etwas zu Essen leisten können würde. Ich habe diese Zeit überwunden und lebe heute ganz gut. Es wäre also völlig verrückt, etwas Erreichtes aufzugeben, was mir zu dem zumindest in Teilen Spaß macht und – das ist ganz wichtig – meine Existenz sichert. Insofern ist es für mich kein Ziel, vom Schreiben oder vom Kabarett leben zu wollen. Wobei ich rein gar nichts gegen einen Welterfolg á la Harry Potter hätte und mich durchaus über mehr Engagements als Kabarettistin freuen würde. Für mich stellt sich eher die Frage, wie ich die verbleibende Energie neben meinem Hauptjob sinnvoll einsetze, um mein Glück zu steigern. Bei mir geht es also letztlich um die Steigerung des Spaßes. Wobei der Spaß sicher größer ist, wenn er Geld einbringt und nicht kostet.

Wenn die Existenz gesichert werden muss.


Mir ist bewusst, dass ich eine recht luxuriöse Ausgangssituation habe. Nicht jeder kann dies von sich sagen. Bei den Einen ist der Brotjob eine Last und nichts wird mehr ersehnt als eine Tätigkeit, die erfüllt. Bei den Anderen wären höhere Einkünfte lebenswichtig. Doch es will gut überlegt sein, ob sich das bereichernde Hobby wirklich als Existenzsicherung eignet. Schnell wird aus dem Hobby auch nur ein Job. Dagegen kann ein erfüllendes Hobby einen weniger erfüllenden Job durchaus ausgleichen.

Ich mach einfach alles.


Ich mache es eher, wie Markus einst gesungen hat: „Ich will Spaß“. Mein Ziel ist es also, regelmäßig die Bücher zu schreiben, die ich gerne schreiben möchte und parallel daran zu arbeiten, etwas häufiger auf die Bühnen dieser Welt zu kommen. Die Frage, die ich für mich noch lösen muss, ist, wie viel Energie ich dafür in die einzelnen Projekte stecken muss und wo Kompromisse nötig sind. Sollte ich die Antwort gefunden haben, werde ich hier darüber berichten.

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Alle Themen aus meinem Blog und noch viel mehr gibt es ab sofort auch auf die Ohren im neuen Podcast "Die Zwei von der Talkstelle". Gemeinsam mit Tamara Leonhard gibt es alles rund um das Schreiben, Lesen, Leben und was uns sonst noch so einfällt.

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2 Kommentare Will ich vom Schreiben leben?
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  • Des Pudels wahrer Kern

    Hi Vera,

    google hat mich gerade beim Keyword "Schreibstart" geradewegs auf deine Seite geführt. Dein Text hat zwar so gar nichts mit meiner Intention gemein (wie ich es verdammt nochmal schaffe, mich endlich zu überwinden und an meinem Auftragstext zu schreiben), doch es hat mein Problem super auf dem Punkt gebracht: Ich liebe schreiben. Es macht mir großen Spaß. Doch im Moment würde ich viel lieber etwas anderes tun (z. B. schlafen) und nun fühlt es sich nur noch nach Pflicht und Arbeit an und bringt mir keine Erfüllung. Trotzdem muss es gemacht werden - wegen der Existenzsicherung.

    Tja und da dein Text bei mir ein innerliches Aha ausgelöst hat, wollte ich dir das mitteilen, da ich selbst als Schreibende weiß, wie schön es ist, Feedback zu bekommen. Ich abonniere gleich mal deinen Blog und bin gespannt, was ich hier noch so entdecken werden.

    Liebe Grüße und schön gesund bleiben ;)

    Silvia

    • Des Pudels wahrer Kern

      Hallo Silvia,

      wie schön, das Google dich auf meinen Blog und zu einem Aha-Erlebnis geführt hat. Schreiben müssen ist leider nicht nur Vergnügen. Das vergessen viele. Zu dem Thema haben wir übrigens auch intensiv auf unserem Podcast "Die Zwei von der Talkstelle" diskutiert. Vielleicht bringt dir das ja auch noch ein paar Aha-Erlebnisse unter http://zweivondertalkstelle.de

      Danke für's Folgen!

      Vera

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